Kältemittelsammler oder Flüssigkeitsabscheider werden in der Kältetechnik oft verwendet. Im Kern sind es sehr einfache Bauteile, aber deren Funktion im Gesamtsystem hat es in sich. Wir wollen uns damit genauer beschäftigen und die Effekte auf das Gesamtsystem Kältekreislauf grundlegend verstehen.
In diesem Artikel setzten wir voraus, dass der Leser sich mit den Grundlagen der Kältetechnik bereits auskennt und mit dem Aufbau eines einfachen Kältekreislaufs vertraut ist. Ansonsten ist es besser, zunächst mit den Grundlagen des Kältekreislaufs zu starten. Wie in nachfolgender Abbildung dargestellt, besteht ein einfacher Kältekreislauf aus den Komponenten Verdichter, Kondensator, Expansionsventil und Verdampfer.
In Thermodynamik-Vorlesungen für Ingenieure werden Kreisprozesse wie ein Standard-Kältekreislauf (genauer: Kaltdampfprozess) vorgestellt und berechnet. Bei den Berechnungen werden einige Größen als gegeben angenommen. Das sind zum Beispiel die beiden Druckniveaus, die Verdichteraustrittstemperatur sowie Überhitzung und Unterkühlung. Mit diesen Vorgaben kann der Kreisprozess, wie im folgendem log-ph-Diagramm dargestellt, beginnend an Punkt 1 explizit berechnet werden.
In der Realität gibt es diesen expliziten Zusammenhang allerdings nicht. Vielmehr hängt im Kältekreislauf alles von allem ab. Es gibt keinen eindeutigen kausalen Zusammenhang zwischen Drücken, Massenstrom sowie Überhitzung und Unterkühlung. Diese Größen beeinflussen sich alle gegenseitig. Das macht eine explizite Berechnung für Fragestellungen aus der Praxis unmöglich, es müssen iterative numerische Lösungsmethoden eingesetzt werden.
Für das physikalische Verständnis eines Kältekreislaufs ist es hilfreich, die einzelnen physikalischen Größen in Freiheitsgrade und Unbekannte aufzuteilen, und nicht in vorgegebenen kausalen Zusammenhängen zu denken. Damit das Gesamtsystem bestimmt ist, muss die Anzahl von Freiheitsgraden und Unbekannten gleich sein.
Wir schauen uns zunächst einen einfachen Kältekreislauf ohne Sammler oder Abscheider an, wie er in der Abbildung oben dargestellt ist. Die Größe von Verdampfer und Kondensator und die Effizienz des Verdichters seien variabel. Druckverluste in den Wärmeübertragern vernachlässigen wir. Sekundärseitig sind die Eintrittstemperaturen und Massenströme der Wärmeträgermedien vorgegeben. Damit ergeben sich folgende Freiheitsgrade für die Auslegung des Kältekreislaufs:
Demgegenüber stehen folgende Unbekannte:
Die ersten 5 Unbekannten legen den Kreislauf im ph-Diagramm fest. Und zusammen mit der 6. Unbekannten (Massenstrom) sind die Wärmeströme bzw. Leistungen gegeben.
In Thermodynamik-Vorlesungen ist es üblich mit Vorgaben für diese Unbekannten einen Kältekreislauf zu definieren. Will man nun als fertiger Ingenieur in der Praxis die Komponenten für einen Kältekreislauf auswählen, steht man vor einem Problem: Den 6 Unbekannten stehen nur 5 Freiheitsgrade gegenüber. Das bedeutet mit diesen 5 Freiheitsgraden kann ich nicht alle 6 unbekannten Größen unabhängig voneinander einstellen. Eine dieser unbekannten Größen würde sich immer abhängig von den anderen Größen ergeben.
Des Rätsels Lösung ist ein fehlender Freiheitsgrad, die Kältemittelfüllmenge. Was jeder Kältetechniker aus der Praxis kennt, ist vielen Ingenieuren mit Thermodynamik Grundkenntnissen noch nicht bewusst. Die Füllmenge ist ein wichtiger Parameter beim Betrieb von Kältekreisläufen. Sie hat einen großen Einfluss auf die Lage des Kreisprozesses im ph-Diagramm.
Ein Kältekreislauf ist ein geschlossenes System, aus dem, abgesehen von ungewollten Leckagen, kein Kältemittel entweicht. Wie jedes geschlossene thermodynamische System, hat die Masse des darin gespeicherten Fluids einen entscheidenden Einfluss auf dessen Zustand, beschrieben durch Zustandsgrößen wie Druck und Temperatur. Genau wie bei einem Fahrradreifen steigt der Druck, wenn man mehr Masse einfüllt.
Eine Besonderheit im Kältekreislauf ist, dass das Fluid nicht wie im Fahrradreifen nur als Gas vorliegt. Stattdessen gibt es sowohl flüssiges als auch gasförmiges Kältemittel an unterschiedlichen Stellen im Kreislauf. Das macht es etwas komplizierter, denn man kann sogar Fälle konstruieren, bei denen der Druck zunächst sinkt, obwohl man Kältemittel hinzufügt. Aber als generelle Faustformel gilt auch hier: mehr Masse bedeutet höhere Drücke. Wobei hier noch mal ausdrücklich erwähnt sei, dass die sich einstellenden Druckniveaus (Verdampfungs- und Kondensationsdruck) eben nicht nur von der Kältemittelfüllmenge abhängen, sondern auch von allen anderen oben aufgeführten Freiheitsgraden.
Die beiden Druckniveaus haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Effizienz eines Kältekreislaufs. Das führt dazu, dass es für gegebene Randbedingungen (vor allem sekundärseitige Eintrittstemperaturen) eine optimale Kältemittelfüllmenge gibt, bei der die Energieeffizienz des Kältekreislaufs maximal ist. Nun ist es aber leider so, dass diese optimale Kältemittelfüllmenge sich eben auch ändert, wenn sich die Randbedingungen ändern. Das bedeutet: Ein bei 20°C Außentemperatur optimal befüllter Kältekreislauf ist bei 30°C alles andere als optimal befüllt. Die Energieeffizienz ist in diesem Fall unnötig niedrig.
Um die Effizienz von Kältekreisläufen bei variierenden Randbedingungen zu optimieren, werden häufig Puffergefäße eingebaut, die nicht benötigtes Kältemittel speichern und bei Bedarf wieder freigeben.
Das grundlegende Funktionsprinzip ist die Trennung von gasförmiger und flüssiger Phase durch Schwerkraft. Das Puffergefäß kann entweder auf der Hochdruckseite nach dem Verflüssiger oder auf der Niederdruckseite nach dem Verdampfe eingebaut werden:
Dabei wird die Niederdruckvariante Abscheider und die Hochdruckvariante Sammler genannt. Oder in längerer Form: Kältemittelsammler und Flüssigkeitsabscheider. Diese kältetechnischen Komponenten werden so konstruiert, dass durch Schwerkraft eine Phasentrennung stattfinden kann. Durch die Positionierung des Austritts wird sichergestellt, dass beim Sammlers gesättigte Flüssigkeit und beim Abscheider gesättigter Dampf austritt. Wobei das natürlich nur funktioniert, so lange die Puffergefäße nicht leer- oder volllaufen (bezogen auf das gespeicherte flüssige Kältemittel).
Je nach Zustand des eintretenden Kältemittels steigt oder sinkt der Füllstand an flüssigem Kältemittel im Puffergefäß. Und da die Dichte der Flüssigkeit sehr viel größer als die des Gases ist, ändert sich mit dem Füllstand auch die gespeicherten Masse.
Diese Puffergefäße funktionieren im geschlossenen Kältekreislauf selbstregelnd, vorausgesetzt es ist nur ein Puffergefäß eingebaut.
Um das selbstregelnde Verhalten zu verstehen, ist eine Überlegung zum stationären Zustand des Gesamtsystems hilfreich. Aufgrund des Abscheideverhaltens des Puffergefäßes, liegt am Austritt immer gesättigte Flüssigkeit oder gesättigter Dampf vor. Setzen wir einen stationären Zustand voraus, muss für das Puffergefäß die Energie- und Masse konstant bleiben. Das bedeutet der eintretende ist gleich dem austretenden Massenstrom. Und daraus folgt unter Vernachlässigung des Druckverlustes, dass der Zustand des eintretenden gleich dem des austretenden Kältemittels sein muss. Daraus folgt unmittelbar:
Aus diesen Überlegungen lässt sich folgende Schlussfolgerung ziehen: Durch den Einbau eines Puffergefäßes in einen Kältekreislauf verliert man den Freiheitsgrad der Füllmenge und fixiert gleichzeitig eine der Unbekannten Überhitzung oder Unterkühlung auf den Wert 0.
Daran erkennt man zum Beispiel, dass es wenig Sinn macht, mit dem Expansionsventil die Überhitzung zu regeln, wenn ein saugseitiger Flüssigkeitsabscheider im Kreislauf eingebaut ist.
Die bisherigen Überlegungen beziehen sich ausschließlich auf den stationären Zustand des Kältekreislaufs. Ein Puffergefäß hat auch einen entscheidenden Einfluss auf die Dynamik.
Bei einem Wechsel von einem stationären Betriebspunkt zu einem anderen, zum Beispiel durch Änderung der externen Rückkühltemperatur am Verflüssiger, findet eine Verlagerung von Kältemittel im Kältekreislauf statt. Kältemittel wird in das Puffergefäß ein- oder ausgelagert. Diese Dynamik ist stark betriebspunktabhängig bzw. mathematischer ausgedrückt stark nichtlinear.
Als Beispiel betrachten wir den Fall, dass aus einem saugseitigem Flüssigkeitsabscheider Masse ausgelagert werden muss. Am Austritt haben wir wie immer gesättigten Dampf. Das gepufferte Kältemittel liegt als Flüssigkeit vor. Um es aus dem Abscheider herauszubekommen, muss es zunächst verdampfen. Die dazu benötigte Verdampfungsenthalpie muss aber irgendwie zugeführt werden. Tritt von außen kein nennenswerter Wärmestrom in das Bauteil ein, ist die einzige Möglichkeit, die benötige Verdampfungsenthalpie über einen erhöhten Enthalpiestrom und damit einer Überhitzung des Kältemittels am Eintritt zuzuführen. Die maximal mögliche Überhitzung ist aber durch andere Randbedingungen (z.B. minimaler Saugdruck) begrenzt. Daher kann der Prozess der Massenauslagerung nur sehr langsam erfolgen und ist häufig die langsamste und damit für den Regelungsentwurf wichtigste Dynamik im Kältekreislauf.
Ein Kältemittelsammler oder Flüssigkeitsabscheider hat vielfältige Effekte auf den Kältekreislauf – sowohl auf die sich einstellenden stationären Arbeitspunkte als auch auf die Dynamik. Um diese Effekte bei der Auslegung von Kreislauf und Regelung vollständig zu berücksichtigen, ist eine Computersimulation sehr hilfreich. Wir bei TLK bieten mit der Modellbibliothek TIL Suite ein professionelles Werkzeug, um solche Berechnungen durchzuführen. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie mehr darüber erfahren wollen!