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Adsorption Prozesssimulation – Grundlagen Modellierung

Adsorptionsprozesse sind etablierte Verfahren zur Gastrennung. Sie gewinnen durch Direct Air Capture zur CO2-Abscheidung und Lufttrocknung in der Batterieherstellung weiter an Bedeutung. Mit TIL Adsorption können diese Prozesse dynamisch simuliert werden. Hier die Grundlagen der Modellierung.

Helena Vorspohl

Helena Vorspohl

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February 22, 2024

Wassermoleküle als Sinnbild für Adsorption

egorovartem

Die Modellierung und Simulation ist von grundlegender Bedeutung für die Auslegung und Optimierung des Betriebs von Anlagen mit Adsorptionsprozessen, wie beispielsweise Sorptionsrädern, TSA- (Temperature Swing Adsorption) und Anlagen zur CO2-Abscheidung aus der Luft (Direct Air Capture). Dynamische Simulationen ermöglichen die richtige Dimensionierung von Adsorptionsanlagen, die Optimierung von Prozesszeiten, die Auswahl der bestmöglichen Komponenten und die Analyse von Einsparpotenzialen zur Verbesserung der Energieeffizienz.
Die Modellbibliothek TIL Adsorption, bietet eine leistungsfähige und flexible Grundlage für die Simulation verschiedener Adsorptionsprozesse.
Im Rahmen dieses Blogartikels möchten wir die Modellierung mit TIL Adsorption verständlich erläutern. Dabei konzentrieren wir uns auf die Beschreibung der Adsorption in der Gasphase und betrachten die Adsorption einer einzelnen Gaskomponente.

Was ist Adsorption?

Adsorption ist definiert als die Anlagerung eines Moleküls aus der Gasphase an einen Feststoff. Desorption beschreibt dagegen die Ablösung eines adsorbierten Moleküls und stellt somit die Umkehrung der Adsorption dar. Das Adsorbens ist der Feststoff, an den das Molekül gebunden wird. Die an den Feststoff gebundenen (adsorbierten) Moleküle werden als Adsorbat bezeichnet, die ungebundenen Moleküle in der Gasphase als Adsorptiv.

Definition der Adsorptionsbegriffe
Abbildung 1: Definition der Adsorptionsbegriffe

Im thermodynamischen Gleichgewicht halten sich Adsorptions- und Desorptionsprozesse die Waage und es findet netto kein Stoff- und Wärmetransport statt. Der Gleichgewichtszustand wird durch den Partialdruck pi des Adsorptivs, die Temperatur T und der Beladung x des Adsorbens charakterisiert. Die Beladung x gibt das Massenverhältnis zwischen adsorbiertem Gas und trockenem Adsorbens an. Alternativ zur Beladung x wird oft die Adsorptionskonzentration q verwendet, die das Verhältnis der adsorbierten Gasmoleküle zur trockenen Masse des Adsorbens beschreibt.

Für die Prozesssimulation ist jedoch vor allem der Wechsel zwischen verschiedenen Zuständen von Interesse. Erst durch die zusätzliche Berücksichtigung der Adsorptionskinetik, die den Wärme- und Stoffaustausch zwischen Gas und Adsorbens beschreibt, können technische Adsorptionsprozesse sinnvoll modelliert werden.

Modellierung des Gleichgewichtszustands

Der thermodynamische Gleichgewichtszustand der Adsorption wird üblicherweise durch Adsorptionsisothermen beschrieben, wie sie in Abbildung 2 dargestellt sind. Die Isothermen definieren die Beladung des Adsorbens x in Abhängigkeit vom Partialdruck pi des Adsorptivs bei konstanter Temperatur T.

Isotherme Adsorption
Abbildung 2: Isotherme

Für die mathematische Beschreibung des Adsorptionsgleichgewichts gibt es verschiedene Modelle, aus denen die Isothermen berechnet werden können. Zu den bekanntesten gehören die Gleichungen nach Langmuir, Sips, Toth oder Dubinin. Welches Modell für welche Stoffpaarung aus Adsorptiv und Adsorbens geeignet ist, kann in der Regel mithilfe des Isothermentyps bzw. der charakteristischen Kurve bestimmt werden.

Die Adsorption geht mit einer Temperaturerhöhung im Adsorbens einher. Die dabei freigesetzte Wärme wird durch die Adsorptionsenthalpie beschrieben und muss für die Modellierung von Adsorptionsprozessen ebenfalls bestimmt werden. Die Adsorptionsenthalpie ist kein konstanter Wert, sondern nimmt in der Regel mit zunehmender Beladung ab. Im Grenzfall geht die Adsorption in Kondensation über und die Adsorptionsenthalpie entspricht dann bei hoher Beladung der Verdampfungsenthalpie.

Modellierung der Adsorptionskinetik

Die Adsorptionskinetik beschreibt den Wärme- und Stofftransport zwischen Gasphase und Adsorbens. Entsprechend wird in TIL Adsorption die Adsorptionskinetik in der sogenannten Adsorptionszelle modelliert. Die Adsorptionszelle besteht im Wesentlichen aus einer Gas- und einer Adsorbenszelle, die miteinander in Wärme- und Stoffaustausch stehen. In den Zellen sind Erhaltungsgleichungen für Energie und Masse definiert.

Aufbau der Adsorptionszelle
Abbildung 3: Aufbau der Adsorptionszelle

Der Stoffaustausch zwischen der Gas- und Adsorbenszelle bestimmt, ob eine Adsorption oder Desorption stattfindet. Das treibende Potential ist die Druckdifferenz zwischen dem Partialdruck pi des Adsorptivs in der Gaszelle und dem Gleichgewichtsdruck peq des Adsorbats in der Adsorbenszelle. Der Gleichgewichtsdruck peq kann mit Hilfe der Beladung x und der Temperatur T des Adsorbens unter Verwendung der Gleichgewichtsmodelle in der Simulation berechnet werden.

Adsorption findet statt, wenn der Partialdruck pi des Adsorptivs in der Gaszelle größer ist als der Gleichgewichtsdruck peq des Adsorbats. Desorption erfolgt somit, wenn der Partialdruck pi des Adsorptivs in der Gaszelle kleiner ist als der Gleichgewichtspartialdruck peq des Adsorbats. Wenn der Partialdruck pi gleich dem Gleichgewichtspartialdruck peq ist, findet weder Adsorption noch Desorption statt.

Modellierung der Ad- bzw. Desorption
Abbildung 4: Modellierung der Ad- bzw. Desorption

Alternativ zur Partialdruckdifferenz kann auch die Beladungsdifferenz als treibendes Potential verwendet werden. Dabei wird die Gleichgewichtsbeladung xEq in Abhängigkeit vom Partialdruck des Adsorptivs und der Temperatur in der Gaszelle bestimmt.
Üblicherweise wird der resultierende Adsorptionsmassenstrom ṁi zwischen Gas- und Adsorbenszelle über den Linear Driving Force-Ansatz berechnet (vgl. Gl. 1). Dazu werden neben der Beladungsdifferenz die trockene Adsorbermasse mAds und der experimentell zu bestimmende Transportkoeffizient kx,eff benötigt:

$$ ṁ_{\rm i} \ = m_{\rm Ads} \ \cdot \ k_{\rm x,ef} \ (x_{\rm eq}-x)\ \ \ (Gl. 1)$$

Die Gas- und Adsorbenszellen sind zudem über einen effektiven thermischen Widerstand verbunden, um den Wärmeaustausch modellieren zu können (vgl. Abbildung 5). Der effektive Widerstand beschreibt sowohl den konvektiven Wärmeübergang zwischen Gas und Oberfläche als auch die Wärmeleitung innerhalb des Adsorbens. Für den konvektiven Anteil werden üblicherweise Korrelationen (z.B. für durchströmte Schüttungen) zur Beschreibung des Widerstandes verwendet, während die Wärmeleitung ein Materialparameter ist. In der Praxis ist es schwierig, die beiden Anteile zu trennen. Häufig wird der Widerstand von der Wärmeleitung dominiert.

Wärmeaustausch zwischen Gas und Adsorbens
Abbildung 5: Wärmeaustausch zwischen Gas und Adsorbens

Modellierung von Adsorptionsanlagen

Für die Modellierung von Adsorptionsanlagen enthält TIL Adsorption Komponentenmodelle für Adsorber und Adsorptionsräder in verschiedenen Ausführungen. Diese Modelle basieren auf den Adsorptionszellen und können modifiziert und in größere Systemmodelle eingebunden werden.

Der Adsorber besteht aus Adsorptionszellen und Strömungswiderständen, die in Reihe geschaltet sind (siehe Abbildung 6). Durch die Reihenschaltung wird eine 1D-Diskretisierung in Strömungsrichtung modelliert. Die Auflösung der Diskretisierung ist frei wählbar und bestimmt somit die Anzahl der Zellen. Die Widerstände werden verwendet, um den Druckverlust über die Länge des Adsorbers zu modellieren. Je nach Ausführung des Adsorbers können auch Wärmekapazitäten von Gehäusen und Stützstrukturen berücksichtigt werden. Konvektion zwischen Gehäuse und Adsorbens sowie Wärmeeinträge von außen können ebenfalls modelliert werden.

Adsorbermodell Zellen
Abbildung 6: Adsorbermodell

Das Adsorptionsrad wird ebenfalls mit mehreren Adsorptionszellen modelliert. Die Abbildung 7 zeigt den Aufbau eines Adsorptionsrades mit drei verschiedenen Kammern, die unterschiedlich durchströmt werden. In der Kammer „Adsorption“ findet die Gastrennung statt. Die adsorbierten Gasmoleküle werden in der Kammer „Regeneration“ typischerweise durch Wärmezufuhr wieder desorbiert. Die Kammer „Kühlung“ dient nach der Regeneration zur Abkühlung des Adsorptionsrades. Durch die in Abbildung 7 gezeigte Anordnung der Adsorptionszellen wird sowohl eine tangentiale als auch eine axiale Diskretisierung im Modell realisier

Diskretisierung des Adsorptionsradmodells
Abbildung 7: Diskretisierung des Adsorptionsradmodells

Modell-Kalibrierung

Für eine präzise Simulation von Adsorptionssystemen ist eine Kalibrierung der Wärme- und Stofftransportkoeffizienten empfehlenswert. Hierzu sind Messungen eines dynamischen Betriebs des Adsorbers, wie z.B. eine Durchbruchskurve, erforderlich. Die Durchbruchskurve beschreibt den zeitlichen Verlauf der Austrittskonzentration am Adsorber nach einer sprunghaften Änderung der ansonsten konstanten Eintrittsbedingungen. Für die Messung der Adsorptionskinetik ist der Adsorber zu Beginn der Messung üblicherweise nicht beladen.

Zur Kalibrierung der Transportkoeffizienten wird mit TIL Adsorption ein digitaler Zwilling des experimentellen Messaufbaus erstellt. Dabei muss im Modell darauf geachtet werden, dass die Dimensionierung des Adsorbers, die Initialbedingungen und die Gaszusammensetzung des Feeds mit dem Experiment übereinstimmen.

In dem hier gezeigten Beispiel wird CO2 an einem Zeolithgranulat adsorbiert. Die experimentellen Daten stammen aus der Veröffentlichung „Confinement effects facilitate low-concentration carbon dioxide capture with zeolites“ von Fu et al (PNAS, Vol. 119, No. 39, 2022). Abbildung 9 zeigt die zeitlichen Verläufe der Adsorptionskonzentrationen im Adsorber, die sich aus der Differenz zwischen Ein- und Austrittskonzentration der Messung bzw. Simulation ermitteln lassen. Mithilfe der TLK Optimization Suite wurde der Kinetikkoeffizient gefittet, um eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen Simulation und Messdaten zu erreichen.

Kalibrierung der Adsorptionskinetik
Abbildung 9: Zeitliche Verläufe der Adsorptionskonzentration im Adsorber

Prozessmodellierung Temperature Swing Adsorption (TSA)

Mit TIL Adsorption können umfassende Anlagensimulationen durchgeführt werden. Im folgenden Beispiel wird eine Temperaturwechseladsorption (TSA) zur Trocknung von Wasserstoff betrachtet. Das in Abbildung 10 dargestellte TSA-System besteht aus zwei mit Zeolithgranulat gefüllten Adsorbern, die abwechselnd Wasser adsorbieren und desorbieren. Das System wird zyklisch betrieben und nutzt die Temperaturabhängigkeit der Adsorption aus. So erfolgt die Adsorption von Wasser bei niedrigen Temperaturen und die Desorption bei hohen Temperaturen.

Modell Temperaturwechseladsorption (TSA)
Abbildung 10: Temperaturwechseladsorption zur Trocknung von Wasserstoff

Durch die Diskretisierung, in diesem Beispiel durch 10 Zellen, kann der Beladungsverlauf im Adsorber darstellt werden. Die Abbildung 11 zeigt den Beladungsverlauf zu zwei verschiedenen Zeitpunkten. Es wird deutlich, dass bei der gewählten Adsorbergröße die Desorptionszeit nicht ausreicht, um den Adsorber vollständig zu desorbieren. Die Simulation ist somit ein wertvolles Werkzeug für die Adsorberdimensionierung.

Simuationsergebnisse Beladungsverlauf im Adsorber
Abbildung 11: Beladungsverlauf im Adsorber 1

Mithilfe des dynamischen Modells der TSA lassen sich zudem auch der Einfluss verschiedener Prozessparameter untersuchen. Abbildung 12 zeigt den zeitlichen Verlauf der mittleren Beladung in Adsorber 1 für verschiedene Desorptionstemperaturen. Hier wird beispielsweise deutlich, dass bei den gewählten Prozesszeiten eine Desorptionstemperatur von 70 °C nicht ausreicht, um den Adsorber ausreichend zu desorbieren.

Zeitlicher Verlauf der mittleren Beladung für unterschiedliche Desorptionstemperaturen
Abbildung 12: Zeitlicher Verlauf der mittleren Beladung für unterschiedliche Desorptionstemperaturen

Die Modellierung des Adsorptionsgleichgewichts und der Adsorptionskinetik bilden die Grundlage für alle Komponentenmodelle in TIL Adsorption. Durch den modularen Aufbau dieser Basismodelle ist es möglich, die Stoffdatenbank individuell zu erweitern und verschiedene Gastrennungsprozesse zu simulieren. Neben der Adsorption einer einzelnen Gaskomponente können in TIL Adsorption auch andere Adsorptionsphänomene wie z.B. Mehrkomponentenadsorption oder die Hysterese von Adsorptions- und Desorptionsisothermen modelliert werden. Diese Flexibilität bei gleichzeitiger numerischer Robustheit macht TIL Adsorption zu einem soliden Werkzeug für die dynamische Simulation von Adsorptionsprozessen. So können verschiedenste Prozesse wie z.B. Druck- und Temperaturwechseladsorption zur Gastrennung oder Raumentfeuchtung mit Adsorptionsräder simuliert werden.

Helena Vorspohl

M.Sc.

Helena Vorspohl

Simulation & Backend Development

TLK Energy

Helena Vorspohl studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen mit den Schwerpunkten Simulation und Energietechnik. Sie arbeitet seit 2020 bei TLK Energy und ist an der Entwicklung unserer Adsorptions-Modellbibliothek beteiligt. Im Bereich unserer TLK Energy Apps kümmert sie sich um das Backend. Außerdem leitet sie regelmäßig Schulungen zur Simulation von thermischen Systemen mit der TIL-Modellbibliothek.

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