In vielen Wärmepumpen ist ein 4-Wege-Ventil eingebaut, mit dem der Kältekreislauf zur Abtauung des Verdampfers oder für den Kühlfall komplett umgeschaltet werden kann. Wie funktioniert das Umschalten? Was passiert dabei im Kreislauf? Und warum ist das eine energieeffiziente Abtaumethode?
Im Kältekreislauf von Luft-Wärmepumpen wird häufig ein 4-Wege-Umschaltventil verbaut, mit dem der Kreislauf umgekehrt werden kann. Dabei kehrt sich die Richtung der Wärmeströme um, der Verdampfer wird zum Kondensator und umgekehrt. Das kann zum einen genutzt werden, um mit der Wärmepumpe im Sommer zu Kühlen anstatt zu Heizen. Und zum anderen kann damit im Winter der vereiste Verdampfer durch Wärmezufuhr von innen effizient abgetaut werden.
Das 4-Wege-Ventil hat vier Anschlüsse und 2 Schaltzustände, die über eine Magnetspule geschaltet werden können. Daher wäre die richtige vollständige Bezeichnung eigentlich 4/2-Wege-Ventil. Dieses Umschaltventil sitzt in der Nähe des Verdichters und ist sowohl mit dessen Kältemittelein- als auch -austritt verbunden. Je nach Schaltzustand ergibt sich wie unten dargestellt eine andere Strömungsrichtung im restlichen Kältekreislauf.
Im normalen Heizbetrieb nimmt eine Wärmepumpe im Verdampfer Wärme aus der Umgebungsluft auf und gibt sie auf einem höheren Temperaturniveau im Kondensator an einen Wasserkreislauf ab. Mit einem 4-Wege-Ventil kann dieser Prozess umgekehrt werden. Dann wird dem Wasserkreislauf Wärme entzogen und an die Umgebungsluft abgegeben. Man erhält also kaltes Wasser und kann damit das Gebäude im Sommer kühlen.
Das verwirrende dabei ist, dass die beiden Wärmeübertrager in einer Wärmepumpe nach ihrer Funktion im Heizbetrieb Kondensator und Verdampfer genannt werden. Denn im Verdampfer verdampft Kältemittel, während es im Kondensator kondensiert, also wieder flüssig wird.
Wird der Kreislauf umgekehrt, ändert sich das: Im „Verdampfer“ kondensiert Kältemittel und gibt dabei Wärme ab. Im „Kondensator“ verdampft jetzt das Kältemittel und nimmt dabei Wärme auf. Die Namen der Bauteile und deren Funktion stimmen nicht mehr überein.
Übrigens haben auch viele Klimageräte so eine Umkehrfunktion. Sie sind eigentlich für das Kühlen im Sommer gebaut, können im Winter aber auch dank Kreislaufumkehr zum Heizen eingesetzt werden.
Bei Temperaturen des Verdampfers unter 0°C gefriert Luftfeuchtigkeit außen an der Oberfläche des Verdampfers. Bei zunehmender Eisbildung wird die Luftströmung durch die Lamellen des Verdampfers erheblich blockiert. Es kommt zu einem starken Leistungsabfall der Wärmepumpe. Daher muss der Verdampfer immer wieder abgetaut werden. In einem weiteren Blogartikel wird detailliert beschrieben was passiert, wenn eine Wärmepumpe vereist.
Für das Abtauen gibt es verschiedene technische Möglichkeiten. Eine einfache Möglichkeit ist, mit einem elektrischen Heizdraht auf der Verdampferoberfläche bei ausgeschaltetem Verdichter, die Eisschicht abzutauen. Das ist allerdings nicht besonders energieeffizient, da hochwertiger elektrischer Strom 1:1 in Wärme umgewandelt wird, die nutzlos mit dem abtropfenden flüssigen Wasser an die Umgebung abgegeben wird.
Mit einem 4-Wege-Ventil geht das deutlich energieeffizienter. Genau wie im Kühlbetrieb wird der Kreislauf umgekehrt. Der Verdampfer wird dann mit heißem Kältemittelgas aus dem Verdichter von innen beheizt. Das Eis auf der Oberfläche schmilzt und tropft ab. Auch hier wird die zum Schmelzen des Eises notwendige Wärme letztendlich nutzlos an die Umgebung abgeführt. Aber sie wurde nicht 1:1 mit Strom erzeugt, sondern mit der Wärmepumpe und damit mit einem viel geringeren Anteil an Strom.
Die genaue Bilanzierung der zum Abtauen durch Kreislaufumkehr notwendigen elektrischen Energie ist nicht ganz einfach. Während des Abtauens wird über den Kältekreislauf Wärme aus dem Wasserkreislauf und damit aus dem Speicher in den Verdampfer „gepumpt“. Dazu ist etwas Verdichterleistung notwendig. Allerdings nicht besonders viel, da die Temperaturdifferenz schon in die richtige Richtung zeigt. Die Wärme könnte eigentlich auch von alleine vom heißen Wasserspeicher in den kalten Verdampfer fließen. Auf jeden Fall muss aber mitbilanziert werden, dass die Wärme im Speicher zuvor über den Heizmodus der Wärmepumpe erzeugt wurde. Nehmen wir dafür einen COP von 3 an und ziehen noch großzügige 0.5 für die Verdichterleistung während des Abtauens ab, bleibt immer noch ein Verhältnis von elektrischer Energie zu Abtauwärme von 2:5 übrig. Das ist deutlich besser als bei der direkten elektrischen Abtauung mit einem Heizdraht.
Jeder der sich schon etwas mit Kältekreisläufen beschäftigt hat weiß, dass das komplexe Prozesse sind, bei denen alles von allem abhängt. Einen stabilen Arbeitspunkt einzustellen ist nicht immer einfach.
Und was passiert nun, wenn man schlagartig durch Schalten des 4-Wege-Ventils den Kreislauf umkehrt? Es ist leicht vorstellbar, dass durch so einen dramatischen Eingriff einiges durcheinandergewirbelt wird, und sich im Kältekreislauf viel dynamisch tut, bis wieder ein stabiler Arbeitspunkt erreicht wird. Die Regelung einer Wärmepumpe muss das natürlich berücksichtigen.
Mit der Systemsimulations-Software TIL Suite können solche komplexen Prozesse dynamisch simuliert werden. Schauen wir uns ein paar Simulationsergebnisse an.
Das betrachtete Szenario ist ein feuchter Wintertag mit Lufttemperatur leicht über null. Die Verdampfungstemperatur des Kältemittels ist deutlich unter null, es kommt also zu Vereisung des Verdampfers. Hier ist die Masse des auf dem Verdampfer gespeicherten Wassers (gefroren oder flüssig) über der Zeit dargestellt:
Periodisch wird immer nach 10 Minuten der Abtauprozess durch die Steuerung getriggert und das 4-Wege-Ventil geschaltet. Der Kreislauf kehrt sich um, die Masse an gespeicherten Wasser/Eis nimmt sehr schnell ab.
Die Kreislaufumkehr sieht man am direktesten am Vorzeichenwechsel des Kältemittelmassenstroms durch das Expansionsventil. Positive Werte bedeuten ein Massenstrom von Kondensator zu Verdampfer. Bei negativen Werten strömt es in die entgegengesetzte Richtung:
Schauen wir uns außerdem die Drücke und Temperaturen in den beiden Wärmeübertragen an. Kurz nach der Kreislaufumkehr steigt der Druck im Verdampfer. Die Wandtemperatur steigt deutlich über 0 °C. Dadurch kann die Frostschicht abtauen und flüssig abfließen. Im Kondensator sinkt der Druck sehr schnell und stark. Die Wandtemperatur bleibt allerdings auf über 20 °C. Das liegt daran, dass auf der Wasserseite des Kondensators immer noch 30 °C anliegen.
Die Dynamik all dieser Größen hängt entscheidend von Parametern wie Größe der Wärmeübertrager oder Öffnungsgrad des Expansionsventils ab. Mit der TIL Suite können solche Effekte gezielt untersucht und verstanden werden. Letztendlich ist dabei immer das Ziel den Abtauprozess von Wärmepumpen zu optimieren und damit die Effizienz von Wärmepumpen zu erhöhen.