Die PEM-Elektrolyse ist eine Technologie zur Erzeugung von Wasserstoff. Der Artikel erläutert die Funktionsweise, Vorteile gegenüber anderen Elektrolyse-Technologien, technische Herausforderungen und wie sich mit der Systemsimulation der Prozess und die Anlage optimieren lässt.
Die PEM-Elektrolyse ist eine Technologie zur Erzeugung von Wasserstoff aus Wasser und elektrischem Strom durch Elektrolyse. Das physikalische Konzept der Elektrolyse wurde 1800 von Alessandro Volta entdeckt und wird schon seit vielen Jahrzehnten in der Chemie- und Metallindustrie eingesetzt. In den vergangenen Jahren ist Wasserstoff (H2) als ein möglicher Energieträger in einem dekarbonisierten Energiesystem immer stärker in den Fokus von Forschung und Industrie geraten. Mögliche Anwendungen sind z.B. die Verwendung in einer Brennstoffzelle oder als Grundchemikalie für die Synthese von komplexeren Molekülen (sog. PtX Verfahren).
Aktuell wird Wasserstoff hauptsächlich mithilfe der Dampfreformation aus Erdgas hergestellt. Die Elektrolyse ist eine Technologie, bei der kein Erdgas benötigt wird. Somit wird bei der Erzeugung von Wasserstoff kein CO2 ausgestoßen, falls der Strombedarf durch erneuerbare Energien gedeckt wird.
Es gibt verschieden Technologien, um die Elektrolyse umzusetzen. Die bekanntesten sind die AEL-, SOEC- und PEM-Elektrolyse. Die Abkürzung PEM steht hierbei entweder für Polymer Electrolyte Membran oder Proton Exchange Membran. In dieser Technologie werden Wassermoleküle (H2O) unter Einsatz von elektrischem Strom an der Anode einer elektrochemischen Zelle aufgetrennt. Dabei entstehen Sauerstoff und H+ -Ionen (Protonen). Diese Ionen durchqueren die Membran und reagieren an der Kathode zu Wasserstoff. Das Verfahren ist in der folgenden Skizze grafisch dargestellt.
In der Industrie wird diese Technologie in PEM-Elektrolyseuren verwendet. Das Herzstück eines solchen Elektrolyseur ist der Elektrolyse-Stack, der aus mehreren miteinander verschalteten Elektrolysezellen besteht. Eine solche Zelle ist in der Abbildung 1 dargestellt. Diese Bauweise mit vielen verschiedenen Zellen ermöglicht es, die elektrische Leistung der Anlage leicht zu skalieren.
In der Elektrolysezelle wird, wie oben beschrieben, an der Anode Wasser in Sauerstoff und H+ -Ionen aufgetrennt.
Diese Reaktion folgt folgender Reaktionsgleichung: $${H_{2}}O \rightarrow 0.5 O_{2} + 2 {H^{+}} + 2 {e^{-}}$$ An der Kathode reagieren die H+ -Ionen und die Elektronen zu Wasserstoff: $$2 {H^{+}} + 2 {e^{-}} \rightarrow H_{2}$$ Die gesamte Reaktionsbilanz lautet somit: $${H_{2}}O \rightarrow 0.5 O_{2} + {H_{2}}$$ Die Reaktionen werden durch die unterschiedlichen elektrochemischen Potenziale der Fluide an der Anode und Kathode ermöglicht. Diese unterschiedlichen Potenziale sind nur möglich, weil die Membran beide Fluide trennt. Ohne Membran könnte die Elektrolyse deshalb nicht stattfinden.
Aus den Reaktionsbilanzen an Anode und Kathode, kann man ablesen, dass 2 Elektronen von der Anode zur Kathode fließen müssen, damit die Reaktion einmal stattfindet. Dieser Elektronenfluss ist erst möglich, wenn der Unterschied der elektrochemischen Potenziale durch das Anlegen einer elektrischen Spannung ausgeglichen wird: die Zellspannung. Die Zellspannung, die benötigt wird, um die Elektrolyse im idealen Fall (=keine Verluste) zu betreiben, wird reversible Zellspannung (URev) genannt.
Sie wird durch folgende Gleichung beschrieben: $${U_{Rev}}= \frac{\Delta G }{ z\cdot F}$$ Hierbei ist ∆G die Differenz der freien Gibbs‘schen Enthalpie zwischen Edukte und Produkte, z die Anzahl der übertragenen Elektronen und F die Faraday’sche Konstante.
In der Praxis kommen jedoch an verschiedenen Stellen in der Elektrolysezelle Verluste vor. Diese Verluste werden als Spannungsverluste bezeichnet. Die Zellspannung kann im nicht-idealen Fall über folgende Gleichung berechnet werden: $${U_{Zelle}}=U_{Rev}+ \sum \Delta {U_{Verluste}}$$
Bei den Spannungsverlusten wird in der Regel zwischen 3 verschiedenen Verlusttypen unterschieden:
Diese 3 Verlustarten sind von der Bauweise der Elektrolysezelle und den Betriebsbedingungen abhängig.
Eine gängige Methode, um die elektrischen Eigenschaften einer Zelle darzustellen, ist die Polarisationskurve.
Eine solche Kurve wird in der Grafik unten gezeigt. Dort wird die Zellspannung in Abhängigkeit der Stromstärke gezeigt. Man kann erkennen, dass die Zellspannung bei steigender Stromstärke zunimmt. Die reversible Spannung kann an der y-Achse abgelesen werden.
Der Wirkungsgrad der Elektrolysezelle wird mit der folgenden Formel berechnet: $$η = U / {U_{Rev}} $$ Eine höhere Zellspannung führt dementsprechend zu einem schlechteren Wirkungsgrad.
Beträgt der Wirkungsgrad eines PEM-Stacks weniger als 100%, entsteht dort Wärme. Aufgrund dieser Wärmeverluste muss im Elektrolyseur gekühlt werden. Jeder Hersteller verwendet hierfür unterschiedliche Konzepte. Die Kühlung des Stacks hat einen direkten Einfluss auf den erreichbaren Wirkungsgrad, denn die Zellspannung hängt auch mit der Zelltemperatur zusammen. Des Weiteren sind viele Bauteile für den Betrieb in bestimmten Temperaturbereichen ausgelegt. Ein Betrieb außerhalb dieses Bereiches verkürzt in der Regel die Lebensdauer der Bauteile.
Beim Betreiben des Elektrolyseurs wird Wasser durch die Anode gepumpt. Durch die Elektrolyse entsteht dort Sauerstoff, sodass ein zweiphasiges Wasser/Sauerstoff Gemisch schlussendlich die Anode verlässt. Um das nicht verbrauchte Wasser erneut durch den Elektrolyseur pumpen zu können, muss zuerst der Sauerstoff daraus entfernt werden. Dies passiert in einem geeigneten Gastrenner.
Wenn H+ -Ionen die PE-Membran durchqueren, ziehen sie aufgrund ihrer Ladung Wassermoleküle mit sich auf die Kathodenseite der Elektrolyse-Zelle.
Oft sind dies mehrere Wassermoleküle pro Ion!
Dadurch entsteht auch an der Kathode ein zweiphasiges Gemisch bestehend aus Wasser und Wasserstoff, welches in Gastrenner bereinigt werden muss. Zum einen möchte man für die meisten Anwendungen möglichst trockenen Wasserstoff erzeugen, zum anderen soll auch hier das nicht verbrauchte Wasser nochmal durch die Zelle gepumpte werden. Da ein kleiner Anteil Wasserstoff durch das Wasser absorbiert wird, werden in der Praxis häufig mehrere Trennstufen eingesetzt, um eine hohe Reinheit des Wassers zu garantieren. Es soll vermieden werden, dass im Wasser gelöster Wasserstoff an der Anode wieder freigegeben wird und dort das explosive Sauerstoff/Wasserstoff Gemisch entsteht.
Für bestimmte Anwendungen, wie z.B. PEM-Brennstoffzellen, muss hochreiner Wasserstoff erzeugt werden. Diese besonders hohe Reinheit kann mit normalen Phasentrenner nicht erreicht werden. In diesem Fall werden oft Adsorptionsanlagen verwendet. Je nach Hersteller wird entweder eine Temperatur- oder eine Druck-Wechsel-Adsorption verwendet. In einem weiteren Blogartikel haben wir die Physik hinter der Adsorption erklärt: Adsorption Prozesssimulation – Grundlagen Modellierung.
Neben diesen Fluid-bezogenen Komponenten, sind im Elektrolyseur auch verschiedene Komponenten für die Kopplung an das elektrische Netz vorgesehen. Dies sind z.B. der Gleichrichter und der Transformator.
Aktuell ist die PEM-Elektrolyse noch nicht sehr weit verbreitet, da sie im Vergleich zur AEL-Elektrolyse teurer ist. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass an den Elektroden Iridium- und Platin- basierte Katalysatoren verwendet werden. Es wird dementsprechend aktiv daran geforscht, wie man diese Katalysatoren ersetzen kann oder zumindest ihren Verbrauch in einem PEM-Elektrolyseur verringern kann. Die PEM-Elektrolyse ist vor allem eine interessante Technologie, weil sie im Vergleich zu anderen Technologien schnellere An- und Abfahrtzeiten ermöglicht und somit in der Kopplung mit volatilen erneuerbaren Stromerzeugungsanlagen wie z.B. Wind- oder Photovoltaik-Anlagen mehr Synergien ermöglicht.
Um PEM-Elektrolyseure korrekt auslegen zu können, ist ein gutes Verständnis des dynamischen Verhaltens der Anlage erforderlich. Ein einfaches Mittel hierfür ist die Systemsimulation, welche Ingenieur(inn)en ermöglicht, die Interaktion der unterschiedlichen Komponenten bei variablen Rahmenbedingungen zu analysieren.
Bei TLK Energy haben wir für diesen Zweck die Modellbibliothek PSL (Process Systems Library) entwickelt. Diese Bibliothek ist in der Modellierungssprache Modelica implementiert und ermöglicht die benutzerfreundliche Simulation von komplexen Power-to-X Anlagen. Die erstellten Modelle können ebenfalls für die Entwicklung einer geeigneten Regelungsstrategie verwendet werden, z.B. mithilfe der HiL-Technologie.
Bei der Internationalen Modelica Konferenz 2023 haben wir unsere Arbeiten zur Modellierung und Regelung von PEM-Elektrolyseuren vorgestellt. Das hierfür verwendete Modell ist in Abbildung 3 dargestellt.