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Direct Air Capture – So funktioniert CO₂-Adsorption

Direct Air Capture (DAC) filtert CO₂ direkt aus der Luft. Adsorptive Verfahren wie TVSA ermöglichen die Abscheidung trotz geringer CO₂-Konzentrationen. Simulationen helfen, Energiebedarf, Materialwahl und Prozessparameter zu bewerten und so DAC-Anlagen effizient und klimawirksam zu optimieren.

Helena Vorspohl

Helena Vorspohl

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August 22, 2025

Direct Air Capture Anlage

Bild generiert mit KI

Der Klimawandel schreitet voran – und um seine schwerwiegenden Folgen einzudämmen, reicht es nicht mehr aus, Emissionen nur zu reduzieren. Laut dem Weltklimarat (IPCC) werden sogenannte Negative Emission Technologies (NETs) benötigt, um überschüssiges Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu entfernen. Eine dieser Schlüsseltechnologien ist Direct Air Capture (DAC), also die direkte CO₂-Abscheidung aus der Luft. Doch wie genau funktioniert dieses Verfahren?

Direct Air Capture Anlage
Abbildung 1: Direct Air Capture Anlage

Wie funktionieren adsorptionsbasierte DAC-Prozesse?

Beginnen wir mit den Grundlagen: Adsorptionsbasierte DAC-Prozesse sind in der Regel zyklische Verfahren, die zwischen einer Adsorptions- und einer Desorptionsphase wechseln.

  • In der Adsorptionsphase werden CO₂-Moleküle – und als Begleiterscheinung auch Wasser – aus der Luft herausgefiltert, indem sie an einem Adsorbens haften bleiben. Die gereinigte, CO₂-arme Luft wird anschließend in die Umgebung abgegeben.
  • In der Desorptionsphase werden CO₂ und Wasser durch Energieeintrag wieder vom Adsorbens gelöst. Das Wasser kann danach durch Kondensation entfernt werden, sodass hoch konzentriertes CO₂ übrigbleibt.

Welche Desorptionsverfahren gibt es?

Je nachdem, wie das thermodynamische Gleichgewicht zu Gunsten einer Desorption verschoben wird, unterscheidet man verschiedene Verfahren:

1. Absenken des Gasdrucks (0 → 1)
Hier wird die Desorption durch Druckänderungen erzwungen. Zwei Vorgehensweisen sind üblich:

  • Bei der Pressure Swing Adsorption (PSA) wird für die Adsorption ein Überdruck aufgebaut, während die Desorption bei Umgebungsdruck erfolgt.
  • Bei der Vacuum Swing Adsorption (VSA) läuft die Adsorption bei Umgebungsdruck ab, während für die Desorption ein Vakuum erzeugt wird.

Beide Methoden lassen sich auch kombinieren. Die Energie für die Desorption wird hierbei über mechanische Arbeit bereitgestellt.

2. Erhöhung der Temperatur (0 → 2)
Bei der Temperature Swing Adsorption (TSA) wird die Desorption durch Wärmezufuhr ausgelöst. Die Adsorption erfolgt dabei meist bei Umgebungstemperatur, die Desorption hingegen bei höheren Temperaturen. Die notwendige Energie wird also thermisch eingebracht.

3. Änderung der Gaszusammensetzung (0 → 1)
Dieses Verfahren setzt darauf, den Partialdruck des Adsorbats zu reduzieren, indem ein Spülgas in den Adsorber eingeleitet wird. Die Funktionsweise ähnelt PSA und VSA, allerdings wird nicht der Gesamtdruck gesenkt, sondern gezielt das Adsorbat verdrängt. Man spricht hier von Composition Swing Adsorption (CSA).

Abbildung 2: Desorptionsverfahren in der Isothermendarstellung

Welches Desorptionsverfahren eignet sich für Direct Air Capture (DAC)?

Die größte Herausforderung bei der CO₂-Abscheidung aus der Luft – im Unterschied zu etablierten Adsorptionsverfahren wie der Sauerstoffgewinnung oder der Gastrocknung – liegt in der sehr geringen CO₂-Konzentration in der Atmosphäre: Sie beträgt nur rund 400 ppm.

Abbildung 3: Gaszusammensetzung von trockener Luft

Aufgrund dieser niedrigen Konzentration muss pro kg entferntem CO₂ eine enorme Luftmenge gefiltert werden. Bei einer Pressure Swing Adsorption (PSA) würde die Komprimierung dieser Luft auf den gewünschten Überdruck eine große mechanische Arbeit erfordern. Daher ist eine PSA für Direct Air Capture energetisch ineffizient und somit ungeeignet.

Für die Bewertung weiterer Desorptionsverfahren ist die Wahl des Adsorptionsmaterials ein entscheidender Faktor.  In Rahmen dieses Blogartikels beschränken wir uns auf die Betrachtung einstufiger DAC-Prozesse. Für diese werden aktuell vor allem amin-funktionalisierte Adsorbenzien wie Lewatit eingesetzt.

Amin-funktionalisierte Adsorptionsmaterialien
Vorteile:
  • Hohe Selektivität für CO₂ auch bei niedrigen Konzentrationen
  • Regenerierbare chemische Bindung zwischen CO₂ und Aminen (Chemisorption)
  • Kompatibilität mit porösen Trägermaterialien
Herausforderungen:
  • Materialdegradation, z. B. durch Oxidation
  • Chemisorption erfordert höhere Desorptionsenergie als Physisorption

Eine reine Temperature Swing Adsorption (TSA) wird aufgrund der hohen Materialdegradation von amin-funktionalisierte Adsorbenzien ebenfalls ausgeschlossen. Zudem liefert TSA keine ausreichend hohe CO₂-Konzentration. Vacuum Swing Adsorption (VSA) ist technisch schwierig, da die Desorption erst bei Drücken unter 0,4 mbar startet.

In der Praxis hat sich daher die Temperature Vacuum Swing Adsorption (TVSA) als Standardverfahren für Direct Air Capture etabliert. Dieses Verfahren kombiniert Vakuumtechnik und Temperaturerhöhung: Das Vakuum reduziert den Sauerstoffgehalt im Adsorber, wodurch unerwünschte Oxidationsprozesse bei der Erwärmung minimiert werden. Gleichzeitig erleichtert der Unterdruck die Abgabe von CO₂ und ermöglicht dessen Gewinnung in hoch konzentrierter Form.

TVSA – mit oder ohne Dampfspülung?

Um diese Fragen zu beantworten, lohnt sich ein Blick auf die Isothermendarstellung des Prozesses. In diesem Beispiel analysieren wir das Adsorptionsmaterial Lewatit VP OC 1065. Die Prozessdaten stammen aus unserem DAC Example mit TIL Adsorption bei einer Umgebungstemperatur von 10 °C und einer relativen Luftfeuchte von 50 %. Für die Desorption wird der Adsorber auf einen Vakuumdruck von 0,3 bar evakuiert und anschließend auf 100 °C erhitzt. Die Desorption ohne Dampfspülung (1 → 2) und mit Dampfspülung (1 → 2 → 3) sind in der folgenden Abbildung dargestellt:

Abbildung 4: TVSA mit und ohne Dampfspülung

Eine Dampfspülung erweitert die TVSA um eine sogenannte Composition Swing Adsorption (CSA). Dabei durchströmt Wasserdampf den Adsorber und senkt den während der Desorption ansteigenden CO₂-Partialdruck (2 → 3).

Vor- und Nachteile einer Dampfspülung:

Vorteile:

  • Höhere CO₂-Ausbeute pro Zyklus durch Absenkung der CO2-Konzentration (siehe Abbildung)
  • Schnellere und effizientere Erwärmung des Adsorbermaterials
  • Einfache Trennung von Wasser und CO₂ durch Kondensation

Nachteile:

  • Zusätzlicher Energiebedarf für die Erzeugung des Wasserdampfs
  • Wasserkondensation im Adsorber
Fazit: Eine Dampfspülung bietet mehrere Vorteile für die CO₂-Abscheidung mit Direct Air Capture. Allerdings ist diese nicht immer energetisch sinnvoll. Daher ist es entscheidend, den Energiebedarf pro abgeschiedener Tonne CO₂ sorgfältig zu analysieren, um die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit einer Dampfspülung im DAC-Prozess fundiert bewerten zu können.

Unsere Empfehlung: Simulieren Sie Ihren Direct Air Capture (DAC) Prozess

Wobei Ihnen Simulation helfen:

  1. Abschätzung der Energiebedarfe: Die elektrischen sowie thermischen (Heizen und Kühlen) Energiebedarfe werden im Simulationsmodell detailliert erfasst, sodass sich Rückgewinnungs- und Einsparpotentiale aufzeigen lassen.
  2. Vergleich von Desorptionsstrategien: Unterschiedliche Verfahren wie TSA, VSA oder TVSA können direkt miteinander verglichen und hinsichtlich Energieverbrauch, CO₂-Ausbeute und Materialschonung bewertet werden.
  3. Optimierung von Prozessparametern: Zykluszeiten, Temperaturen und Drücke lassen sich virtuell anpassen und testen, ohne kostenintensive Experimente durchführen zu müssen.
  4. Analyse von Umwelteinflüssen: Standortabhängige Faktoren wie Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit oder CO₂-Konzentration können simulativ untersucht werden, um die CO₂-Ausbeute der DAC-Anlage praxisnah abzuschätzen.
  5. Bewertung unterschiedlicher Adsorbenzien: Materialien wie amin-funktionalisierte Adsorbenzien oder poröse Trägermaterialien können im Modell getestet sowie die Auswirkungen auf den Gesamtprozess analysiert werden.
Insgesamt ermöglicht die Simulation von DAC-Prozessen eine gezielte Prozessoptimierung, senkt Entwicklungskosten und liefert wertvolle Erkenntnisse für die Skalierung im industriellen Maßstab.

Mit TIL Adsorption und unserer projektbegleitenden Unterstützung lassen sich diese Analysen effizient durchführen und praxisnah bewerten.

Abbildung 5: Direct Air Capture Example in TIL Adsorption

Geschäftsfeld mit Direct Air Capture erweitern?

Unsere Expertise in Systemsimulation unterstützt Sie dabei, Chancen von Direct Air Capture zu identifizieren, Herausforderungen zu bewältigen und diese Technologie gezielt einzusetzen.

Von der Materialmodellierung bis hin zur optimierten Prozessauslegung begleiten wir Sie mit Sachverstand und maßgeschneiderten Lösungen. Vereinbaren Sie einfach ein unverbindliches Beratungsgespräch – und lernen Sie die Vorteile der spezialisierten Simulationsbibliothek TIL Adsorption sowie von unserem allgemeinen Engineering Service kennen.

Helena Vorspohl

M.Sc.

Helena Vorspohl

Simulation & Adsorption Processes

TLK Energy

Helena Vorspohl hat Maschinenbau an der RWTH Aachen mit Schwerpunkt Simulation und Energietechnik studiert. Seit 2020 arbeitet sie bei TLK Energy und leitet inzwischen die Entwicklung der Modellbibliothek TIL Adsorption. Sie ist involviert in Projekten zu Direct Air Capture und Trockenräume und führt Schulungen zur Simulation thermischer Systeme mit der TIL-Modellbibliothek durch.

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