Das EnEfG fordert Energie-Managementsysteme, Effizienzmaßnahmen und Abwärmenutzung. Was Unternehmen jetzt tun müssen, erfahren Sie hier!
Seit dem 18.11.2023 ist das neue Energieeffizienzgesetz (EnEfG) in Deutschland in Kraft und betrifft alle Unternehmen mit einem Endenergiebedarf von mehr als 2,5 GWh im Jahr.
Neu ist, dass nach dem EnEfG auch kleine und mittelständige Unternehmen (KMU) betroffen sind. Ausschlaggebend ist der Endenergieverbrauch der Unternehmen und bezieht somit auch KMU mit großem Energieverbrauch ein.
Dabei bezeichnet Endenergie die vom Unternehmen eingesetzte Energie, z.B. in Form von Strom, Gas, Kraftstoffen und Fernwärme. Das Energieeffizienzgesetzes EnEfG definiert zwei Schwellen beim Endenergieverbrauch, wobei der Mittelwert der letzten 3 Jahre heranzuziehen ist:
Um ein anschauliches Beispiel zu geben: Schon ein Bäckereibetrieb mit 20 Mitarbeitern kann die Grenze von 2,5 GWh erreichen.
Zudem gibt es drei verschiedene Themenfelder, die je nach Endenergieverbrauch und Unternehmensgröße berücksichtigt werden müssen:
Welche Pflichten für Ihr Unternehmen gelten, können Sie anhand des folgenden Diagramms ermitteln:
Unternehmen mit einem Endenergieverbrauch von weniger als 2,5 GWh im Jahr sind nicht vom Energieeffizienzgesetz betroffen. Verbraucht Ihr Unternehmen hingegen mehr als 7,5 GWh, so sind alle drei Themenbereiche relevant.
Bei einem Energiebrauch zwischen 2,5 GWh und 7,5 GWh ist auch die Unternehmensgröße mitentscheidend: Für KMU gelten lediglich die Vorgaben zur Abwärmenutzung und -vermeidung. Große Unternehmen müssen hingegen auch Umsetzungspläne für Energieeinsparmaßnahmen erstellen und veröffentlichen.
Die Formulierungen im Gesetzestext sind etwas komplizierter als hier dargestellt. Welche Pflichten im Einzelfall für Ihr Unternehmen gelten, klären wir gerne gemeinsam mit Ihnen.
Fest steht jedenfalls, dass alle Unternehmen mit einem Endenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh im Jahr vom Energieeffizienzgesetz betroffen sind und Maßnahmen zur Abwärmenutzung ergreifen müssen. Bei Nichtbeachtung drohen Bußgelder von bis zu 100.000 €.
Meines Erachtens lassen sich die geforderten Maßnahmen für die Vermeidung und Nutzung von Abwärme und die sinnvolle Erarbeitung von Energieeffizienzmaßnahmen kaum ohne umfassendes Energie- und Wärme-Monitoring umsetzen. Von daher empfehle ich allen betroffenen Unternehmen ebenfalls die Einführung eines Monitoring-Systems in Erwägung zu ziehen.
Das Energieeffizienzgesetz hält also viele Pflichten für Unternehmen bereit. Allerdings bieten sich auch große Chancen: durch ein sinnvolles Monitoring der Energie- und Wärmeströme und einer ganzheitlichen Optimierung der Energienutzung und Prozessintegration sind Energieeinsparungen von bis zu 40 % möglich. Das sehen wir zumindest in vielen unserer Projekte. Oft haben Maßnahmen kurze Amortisationszeiten von unter 5 Jahren und der Nutzen überwiegt den Aufwand deutlich.
Im Folgenden nun aber eine genauere Betrachtung der einzelnen Themengebiete des neuen Energieeffizienzgesetzes.
Nach § 8 EnEfG müssen Unternehmen – egal ob groß oder klein – mit Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 7,5 GWh ein
einführen. Nach Aussage des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) sind damit rund 12400 Unternehmen in Deutschland betroffen. Mit den Regelungen des Energieeffizienzgesetzes EnEfG werden erstmals auch energieintensive kleine und mittelständische Unternehmen adressiert.
Dabei müssen die Energie- und Umwelt-Managementsysteme zusätzliche Anforderungen erfüllen:
Dies sind sehr umfangreiche Ergänzungen zu den Vorschriften nach DIN EN ISO 50001 und EMAS und wird dazu führen, dass zahlreiche Unternehmen ihr Energie- und Wärme-Monitoring stark erweitern müssen! Auch wenn dies zuerst einmal mit einem großen Aufwand verbunden ist, wird es die Unternehmen erstmals in die Lage versetzen, eine umfassende Betrachtung und Optimierung ihres Energieverbrauchs vorzunehmen.
Die oben genannten Anforderungen unter Punkt 1 sind – ganz nebenbei – die Voraussetzung für eine ganzheitliche und system-orientierte Ermittlung des maximalen Energiesparpotentials, z.B. mittels Pinch-Analyse. Insbesondere Prozesstemperaturen und Wärmemengen sind unabkömmlich bei der Prozessintegration und wirtschaftlichen Bewertung technisch realisierbarer Maßnahmen. Denn ohne Kenntnis von Temperatur und Wärmemengen lässt sich nun mal kein Wärmetauscher auslegen, geschweige denn eine Wärmepumpe integrieren.
Interessant ist auch die Unterscheidung nach technisch vermeidbarer und nicht vermeidbarer Abwärme. Vermeidbare Abwärme ist der Teil, der durch ineffiziente Technik, Steuerung, Prozesse und Verfahren entsteht und durch Anwendung des Standes der Technik vermieden oder reduziert werden kann. Der unvermeidbare Rest ist der Teil, der nicht mit vertretbarem Aufwand, vermieden werden kann. Der vertretbare Aufwand kann wiederum durch Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nach DIN EN 17463 (VALERI) bestimmt werden.
Aus energie- und umwelt-technischer Sicht sind die verpflichtende Einführung bzw. Ergänzung des Energie- und Wärme-Monitorings absolut sinnvoll. Allerdings wird dies viele Unternehmen vor Herausforderungen stellen, da eine Umsetzung innerhalb von 20 Monaten vorgeschrieben ist. Die Frist beginnt für betroffene Unternehmen nach Erreichen des Status (Endenergieverbrauch > 7,5 GWh) bzw. nach Inkrafttreten des Energieeffizienzgesetzes, frühestens also zum 18.07.2025.
Die Pflichterfüllung wird durch das BAFA in Stichproben überprüft. Es drohen Bußgelder von bis zu 100.000 € für Unternehmen, die ein Managementsystem (EMS/UMS) nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig eingerichtet haben. Es ist somit allen Unternehmen mit Endenergieverbräuchen von mehr als 7,5 GWh dringen anzuraten, sich mit den Gegebenheiten des neuen Energieeffizienzgesetzes auseinanderzusetzen, auch wenn schon Managementsysteme bestehen. Denn in den meisten Fällen werden diese wohl nicht den zusätzlichen Anforderungen des neuen EnEfG gerecht.
Auch für Unternehmen bereits mit einem Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh hält das Energieeffizienzgesetz Regelungen bereit. Nach § 9 EnEfG müssen Unternehmen, die
Umsetzungspläne von Endenergie-Einsparmaßnahmen erstellen, prüfen und veröffentlichen lassen.
Anders formuliert betrifft diese Regelung also vor allem folgende Unternehmen:
Unternehmen, die weder dazu verpflichtet sind, ein Energie- oder Umwelt-Managementsystem zu betreiben noch Energieaudits durchzuführen, sind von dieser Regelung zuerst einmal nicht betroffen.
Alle anderen Unternehmen haben innerhalb von 3 Jahren Umsetzungspläne
Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung soll dabei gemäß VALERI / DIN EN 17463 (Dez 2021) erfolgen. Eine Maßnahme gilt als wirtschaftlich, wenn sich nach maximal 50 Prozent der Nutzungsdauer ein positiver Kapitalwert ergibt. Es sind außerdem nur Maßnahmen mit einer Nutzungsdauer von maximal 15 Jahren zu berücksichtigen.
Ein wichtiger Punkt ist die Prüfung durch unabhängige Experten. Sowohl die Vollständigkeit als auch die Richtigkeit der Umsetzungspläne muss von unabhängigen Dritten bestätigt werden. Das bedeutet, dass die Personen, die die relevanten Systeme in den Unternehmen eingerichtet bzw. die Audits durchgeführt haben, diese Bestätigungen nicht ausstellen dürfen. Dafür müssen unabhängige Dritte beauftragt werden, die entweder EMAS-Umweltgutachter, akkreditierte DIN EN ISO 50.001-Zertifizierer oder vom BAFA zugelassene Energieauditoren nach dem EDL-G sind.
Das Energieeffizienzgesetz sieht Bußgelder von bis zu 50.000 € für Unternehmen vor, welche die Umsetzungspläne nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellen, bestätigen und veröffentlichen. Im Einzelfall sollte jedes Unternehmen daher besser prüfen, ob es zur Erstellung der Umsetzungspläne verpflichtet ist.
Schließlich enthält das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) auch konkrete Regelungen zur Nutzung und Vermeidung von Abwärme. Alle Unternehmen mit Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh müssen Abwärme
Eine Ausnahme gibt es nur für klimaneutrale Unternehmen.
Die Vermeidung von Abwärme muss dabei nach dem Stand der Technik erfolgen und auf den Anteil der technisch unvermeidbaren Abwärme reduziert werden, soweit dies möglich und zumutbar ist. Laut Energieeffizienzgesetz sind im Rahmen der Zumutbarkeit technische, wirtschaftliche und betriebliche Belange zu berücksichtigen.
In der Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen um ein systematisches Monitoring Ihrer Prozessströme, wie in den zusätzlichen Anforderungen an die Energie- und Umwelt-Managementsysteme definiert, kaum herumkommen werden.
Auch die Wiederverwendung der Abwärme durch Maßnahmen und Techniken zur Energieeinsparung sind nur über eine ganzheitliche Analyse der Prozessströme möglich. Im Energieeffizienzgesetz EnEfG wird explizit darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen zur Abwärmenutzung nicht nur auf die jeweilige Anlage beschränkt werden dürfen, sondern auch Nutzungsmöglichkeiten der Abwärme auf dem Betriebsgelände sowie bei externen Dritten einbezogen werden müssen. Außerdem soll die rückgewonnene Abwärme kaskadenförmig, entsprechend ihrem Exergiegehalt bzw. in abfallenden Temperaturschritten, mehrfach wiederverwendet werden, um größtmögliche Effizienzgewinne zu erzielen. Dies ist in anderen Worten die Definition einer Pinch-Analyse.
Somit werden sehr viele Unternehmen in nächster Zeit große Anstrengungen unternehmen müssen, um ihr Monitoring zu erweitern, ihren Energieverbrauch systematisch zu analysieren und ihre Abwärme nach den Bestimmungen des Energieeffizienzgesetzes zu verringern und wiederzuverwenden. Ansonsten drohen ihnen Bußgelder von bis zu 100.000 €.
Des Weiteren muss die verbleibende, technisch nicht vermeidbare Abwärme jährlich bis zum 31. März auf der „Plattform für Abwärme“ elektronisch gemeldet werden. Hierzu sind unter anderem folgende Angaben vorzunehmen:
Auch hierbei wird ersichtlich, dass ein alle Prozessströme umfassendes Monitoring-System notwendig ist, um diese Daten zu erfassen, aufzubereiten und zu melden.
Für das erste Jahr ist die Meldefirst aufgeschoben bis zum 1.7.2024, da die Plattform für Abwärme noch gar nicht verfügbar ist. Insofern scheinen die kurzen Fristen auch der Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) als Betreiber der Plattform einige Kopfschmerzen zu bereiten.
Mittlerweile ist immerhin ein „Merkblatt für die Plattform für Abwärme“ erschienen, das einige Angaben zur Meldung der Daten konkretisiert. So sind mit „Leistungsprofilen im Jahresverlauf“ beispielsweise Monatswerte gemeint. Auch Bagatellgrenzen werden im Merkblatt diskutiert, jedoch nicht definiert. Nach jetzigem Stand müssen alle Abwärmequellen mit Temperaturen über 20°C gemeldet werden. Melden Unternehmen die Informationen nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig, können Bußgelder von bis zur 50.000 € erlassen werden.
Betrachtet man alle Regelungen und Pflichten, die laut neuem Energieeffizienzgesetz auf Unternehmen zukommen, so ergibt sich meiner Ansicht nach ein extremer Handlungsdruck. Nicht nur der Umfang der geforderten Maßnahmen, sondern auch die kurzen Fristen dürften zu großen Herausforderungen in den Unternehmen führen:
Als kritisch betrachte ich vor allem den aktuellen Mangel an Fachkräften und Energieeffizienz-Experten, die zur Umsetzung notwendig sind. Es bleibt somit abzuwarten, inwieweit die geforderten Maßnahmen innerhalb der Fristen überhaupt umsetzbar sind und ob und in welcher Höhe Bußgelder tatsächlich ausgesprochen werden. Ich könnte mir vorstellen, dass ernsthafte Bemühungen zur Einhaltung des neuen Energieeffizienzgesetzes entsprechend honoriert werden.
Ich sehe aber auch große Chancen, die das Energieeffizienzgesetz bietet. Durch die Vorgaben beim Monitoring der Prozessströme – Temperaturen und Wärmemengen – wird die Grundlage für eine ganzheitliche Optimierung der Energiesysteme geschaffen! Erst mit diesen Informationen ist es möglich eine sinnvolle Prozessintegration durchzuführen, Speicher auszulegen, erneuerbare Energien und Wärmepumpen zu integrieren. In den meisten Fällen fehlen diese Informationen heutzutage noch und müssen mühsam und aufwendig ermittelt werden. Oftmals gelingt dies nur unzureichend, da Messtechnik nachgerüstet werden muss. Wenn die Informationen jedoch vorhanden sind, dann sind Energieeinsparungen von 20 % bis 40 % realistisch. Und da wir hier über Energiemengen jenseits von 2,5 GWh sprechen, relativiert sich der Aufwand durch das neue Energieeffizienzgesetz recht schnell.
In jedem Fall ist eine Auseinandersetzung mit den neuen Gegebenheiten dringend ratsam und wir unterstützen unsere Kunden nach besten Möglichkeiten bei der Umsetzung. Schließlich wollen wir uns die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) mit der verspäteten Plattform für Abwärme nicht zum Vorbild nehmen. 😉